Wenn der Achtzylinder kraftvoll blubbert

Alte Liebe rostet nicht: Ralph Dewald restauriert amerikanische Straßenkreuzer
Der Wagen hat schon bessere Zeiten gesehen. Rostfleck an Rostfleck, der schwarze Lack ist stumpf, über die Chromteile zieht sich eine gräulich-braune Schicht. Und hinter der Beifahrertür gähnt ein Loch im Blech. „Das kommt noch weg vorm TÜV“, sagt Ralph Dewald und startet den Buick Super Riviera. Das sonore Blubbern des 5,3 Liter V8-Motors lässt ein verzücktes Lächeln über sein Gesicht huschen. Er liebt diesen kraftvollen Klang. Amerikanische Straßenkreuzer sind die große Leidenschaft des 64-Jährigen. Ob Chevrolet, Lincoln, Cadillac oder eben Buick. Ralph Dewald kennt sie alle. In seiner Werkstatt in Lühnde restauriert er die wuchtigen Limousinen, zerlegt Motoren oder Getriebe, besorgt seinen Kunden jedes noch so seltene Ersatzteil.

Und weil er über exzellente Kontakte zu Händlern in den Vereinigten Staaten verfügt, importiert er Straßenkreuzer direkt aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dass Ralph Dewald derart vernarrt ist in die US-Oldtimer, hat etwas mit seiner Kindheit zu tun. Er wuchs in Chile auf, sein Vater exportierte dort landwirtschaftliche Produkte nach Europa. Wie in allen südamerikanischen Staaten, rollten auch in Chile in den 1950er bis 70er Jahren fast ausschließlich Cadillac und Co. über die Straßen. „Ich war schon als kleiner Steppke total fasziniert von diesen Wagen“, sagt Dewald. Ende der 60er Jahre studierte er in Deutschland, kaufte sich seinen ersten Ami-Schlitten: einen Buick Riviera. Doch an Ersatzteile heranzukommen war äußerst schwierig. Also knüpfte Ralph Dewald Kontakte zu amerikanischen Soldaten im Rhein-Main-Gebiet. Über die lernte er Händler kennen und begann bald selbst mit Teilen zu handeln. Seit 1980 betreibt Dewald seine Firma Americar im Landkreis Hildesheim. Anfangs hatte er seinen Betrieb in Barnten, dann siedelte er sich in der Gemeinde Algermissen an. Auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik hat er einige Wagen stehen, seine Werkstatt richtete sich der Kraftfahrzeugmeister in einem ehemaligen Autohaus am südlichen Ortseingang von Lühnde ein. In der Szene ist Ralph Dewald bekannt wie ein bunter Hund. Seine Kunden kommen aus ganz Norddeutschland, aus Berlin und aus dem Ruhrgebiet. Sie wissen: In Algermissen bekommen US-Car-Fans so ziemlich alles, was sie brauchen. Dewald hat „Ersatzteile ohne Ende“ auf Lager und kennt nahezu sämtliche Fabrikate „in- und auswendig“. Die Szene, das ist ein bunt gemischtes Völkchen. „Liebhaber von US-Cars stammen aus allen Gesellschaftsschichten“, sagt Dewald. Darunter ist der smarte Rechtsanwalt ebenso wie der biedere Büroangestellte oder der esoterisch angehauchte Alt-68er. Die Altersspanne reicht von 18 bis 80. Der Benzinverbrauch spielt jedenfalls keine Rolle. Obwohl die Straßenkreuzer auch ohne Bleifuß gut und gerne 14 bis 16 Liter auf hundert Kilometern schlucken, „ist Sprit kein Thema“, meint Ralph Dewald. Wer ein solches Gefährt sein Eigen nenne, sei meist nur an Schönwetterwochenenden unterwegs. Zur Arbeit fahre damit kaum einer. Seinen eignen Buick, den schwarzen mit dem stumpfen Lack und den vielen Roststellen, will Dewald in keinem Fall auf Hochglanz bringen. Das Straßenkreuzer schön alt aussehen, ist bei ihren Fans durchaus erwünscht. Manche überziehen das marode Äußere ihres Wagens gar mit einem Schutzfilm aus Klarlack. „Damit der Schmuddellook erhalten bleibt“, sagt Dewald.

 

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