Warlords werben Männer wieder ab

Camp Mike Spann/Lühnde. Herbert Wagner aus Lühnde ist Polizist. Ein paar tausend Kilometer von seiner Heimat entfernt. Im amerikanischen Lager Mike Spann. Benannt nach einem jungen CIAMann, der zu Beginn des Krieges in Afghanistan fiel und zum ersten amerikanischen Helden wurde. Wagner zuckt nur mit den Schultern. Heldentum ist das letzte, was er hier gebrauchen kann. Er ist froh, wenn er hier seine Arbeit ordentlich erledigen kann. In Mike Spann gibt es eine eigene afghanische Kommandantur, das Sprungbrett sozusagen, um eine eigene Sicherheitsarchitektur aufzubauen. In einem Land, dass nach anderen Gesetzen funktioniert. Eigentlich eher nicht nach geschriebenem, sondern nach jahrhundertealtem ungeschriebenen Recht. Und so führte die Ausbildung von Afghanen zu Polizisten auch dazu, dass die ausgebildeten Kräfte von den Lokalfürsten, den Warlords, abgeworben werden, um sich eigene, kleine Privatarmeen aufzubauen.

Bei der Führung durch das Ausbildungscamp der Afghanen geht es an zwei Betonsäulen vorbei, zwischen denen eine rostige Metallstange steckt. Was das sei, will Wagner von seinem Gast wissen. Der zuckt mit den Achseln: zum Wäscheaufhängen? Wagner deutet auf die zahllosen Löcher im Beton: Einschussstellen. Als die Taliban hier die Macht hatten, wurden ihre Gefangenen hier festgebunden und erschossen. Eine andere Erklärung gibt es nicht, sagt er und geht weiter. Zum ehemaligen Ausbildungsraum in dem Gebäude, dass an alte DDR-Zeiten erinnert. Von der Decke des Schulungsraums platzt der Putz, an den Seiten schimmlige Holzbänke. „Einmal ist uns während des Unterrichts die gesamte Beleuchtung auf den Boden geknallt“, sagt Wagner. „Gut, dass das vorbei ist.“ Unterrichtet wird nun in Zelten mit Klimaanlage. Geblieben sind die Unterkünfte. Karge Mehrbettzimmer. 16 Mann in einer dunklen Stube, muffige Luft, kein Bettzeug, Nylondecken, auf denen die Männer schlafen müssen. Über den Hof hinüber geht es zum Waschtrakt. Sanitäranlagen, bei denen Westler sich lieber in die Büsche schlagen würden. Daneben ein Wassertank für die Hygiene. „Der soll die gesundheitlichen Standards einhalten“, sagt Wagner. Im Hospital von Camp Marmal klappt das. Dort ist das Wasser einwandfrei und wird aus der Erde hochgepumpt.
Hier steht ein alter, brauner Plastiktank: „Einen Kontrolleur habe ich hier noch nicht gesehen.“ Beim Abschied fragt er, ob jemand dem afghanischen Kommandeur die Hand gegeben hat und verteilt Desinfektionstücher: „Die Verhältnisse sind nun mal anders hier.“

 

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