Ein Echo, das nicht verhallt – Mehr als 50 Arten zu beten – Pastor stellt am Sonntag einige vor

„Sie werden Schwierigkeiten haben, beim Laufen zu beten – aber nicht beim Gehen“, sagt Pastor Matthias Weindel. Wie, das will der evangelische Geistliche in der romanischen Lühnder Kirche zeigen und mit den Besuchern üben: beim Gebetsgottesdienst. Mehr als 50 Arten zu beten seien ihm bekannt, sagt der Kirchenmann aus Wirringen, die wenigsten werden in den üblichen Gottesdiensten genutzt. Am Sonntagabend um 18 Uhr soll das anders werden. Mit dem Echo-Gebet, zum Beispiel. Dann wird Stille in der Kirche herrschen, im Hintergrund nur leise Orgelmusik, die Gläubigen vertieft in die Fürbitte für ihre Lieben. Bis irgendwer den Namen dessen nennt, für den er betet – und die Gemeinde ihn, nur kurz, wie ein Echo wiederholt. Dann erklingt der nächste Vorname in der Stille. Und der nächste. „Das Gebet jedes einzelnen wird so enorm verstärkt“, sagt Weindel.

Natürlich habe auch das stille Gebet im Privaten seinen Sinn. Es sei aber nicht alles: „Gemeinschaftliches Beten entfaltet eine ganz andere Kraft.“ Den Gläubigen verlangen der Pastor und Birgit Mohtaschem aus Ingeln-Oesselse, die als Ehrenamtliche hilft, aber auch etwas ab. Beim Echo-Gebet ist das die Bereitschaft, sich auf die Stille einzulassen. Etwas Ungewöhnliches in üblichen Gottesdiensten, bei denen die Gemeinde schon unruhig wird, wenn mal 20 Sekunden niemand spricht oder singt. Unüblich dürfte auch die Bewegung sein, die Weindel am Sonntag in das Gotteshaus bringt. Zum sogenannten Psalmodieren wird der Mittelaltar beiseite geräumt, damit die Gemeinde Platz zum Gehen hat – wenn sie denn will. Dabei wählen die Gläubigen einen Psalm und lernen, ihn beim Gehen zu sprechen. Jeder in seiner Lautstärke, jeder in seinem Tempo. „Sie werden im Gehen den Rhythmus der Worte fi nden“, sagt Weindel. Das Ergebnis hat er bereits beim ersten Gebetsgottesdienst in Wassel erlebt: „Ein angenehmes Murmeln, eine Geräuschkulisse, die kein Chaos erzeugt.“ Selbst die Gläubigen, die da lieber in der Bank sitzen geblieben waren, sahen das wie er. Auch die Haltung beim Beten spielt für den Pastor eine große Rolle. Die Hände zum Beispiel – falten? Aufeinander oder in einander legen? Weindel überlässt das der Gemeinde. Stehen, sitzen oder knien? „Nehmen Sie die Haltung ein, die heute zu ihrem Gebet passt“, sagt der Pastor, und bringt die Menschen so dazu, in sich hineinzuhören. Ein auswendiges Aufsagen, ein „Herunterbeten“ verträgt sich damit nicht. Allein mit seinen Konfirmanden übt er gewöhnlich 20 Gebetsformen. Als Grundlage für den Glauben, schließlich sei das Beten doch die persönlichste Form, seine Beziehung zu Gott zu pflegen. Ein Gespräch eben, das viele Christen erst wieder lernen müssen. Vielleicht lernt es sich ja gemeinsam leichter.

 

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