Mit der Glocke erklingt ein Stück Heimat
Verbindungen zwischen Lühnde und Schlesien rücken bei einem Benefiz-Konzert in den Mittelpunkt
Lühnde (htw). Eine Glocke im Lühnder Kirchturm erinnert seit mehr als einem halben Jahrhundert an die Verbindung zu Schlesien. Diese steht zum zehnjährigen Bestehen des „Ökumenischen Frauen-Frühstücks“ bei einem Konzert im Mittelpunkt.
Zu dem Benefiz-Orgelkonzert mit Marek Pilch aus Breslau laden das „Ökumenische Frauen-Frühstück“ der Kirchengemeinden in Algermissen und der „Verein zur Erforschung und Erhaltung schlesischer Orgeln“ für Sonnabend, 23. Februar, 19 Uhr, in die Sankt-Martin-Kirche nach Lühnde ein. Der Eintritt zu diesem Konzert ist frei. Allerdings wird um eine Spende für den Orgel-Verein gebeten, der sich zum Ziel gesetzt hat, schlesische Orgeln in ihrem Bestand zu sichern, damit sie als ehemalige Kulturgüter eines christlichen Europas erhalten bleiben.
Diese Bemühungen führen katholische und evangelische Christen im ökumenischen Sinne in Deutschland und Polen zusammen. Schlesien verfügt über eine der reichsten und vielfältigsten Orgel-Landschaften in den dortigen Kirchen. Die meisten Orgeln in den evangelischen und katholischen Kirchen stammen aus der Zeit des Barocks.
Bereits am Tag zuvor, Freitag, 22. Februar, gibt der junge Organist Pilch um 19 Uhr ein Orgelkonzert für den gleichen Zweck in der diakonischen Mutterhauskirche der Henriettenstiftung in Hannover.
Die Frauen vom „Ökumenischen Frauen-Frühstück“ haben nicht ohne Grund die Lühnder Kirche für das Konzert ausgewählt, weil sie für zahlreiche Vertriebene aus Ober- und Niederschlesien in den Orten rund um Lühnde die evangelische Mutterkirche ist. Außerdem läutet im Turm der Lühnder Kirche eine große Glocke, die bis 1942 im Turm der evangelischen Kirche in Gießmannsdorf, Kreis Bunzlau, hing. Die Nazis wollten sie im Zweiten Weltkrieg zur Produktion von Waffen einschmelzen lassen. Ein aufmerksamer Vertriebener aus dem Ort machte sie nach dem Krieg im großen Glockenlager in Hamburg ausfindig. Auch die große Glocke des Vierergeläuts der Lühnder Kirche musste im Zweiten Weltkrieg zur Produktion von Waffen im Turm ausgebaut und zum Einschmelzen abgeliefert werden. Sie ist nie wieder nach Lühnde zurückgekehrt.
So wurde die 1240 Kilogramm schwere, im Jahr 1519 gegossene alte Glocke aus Gießmannsdorf 1952 als Ersatzglocke nach Lühnde gebracht und im Turm der neuen „Heimatkirche“ der Schlesier eingebaut. Noch heute wohnen zahlreiche Schlesier und Gießmannsdorfer in Lühnde und in den umliegenden Dörfern.
Die Glocke hat einen erstaunlich langen Nachklang. Als Lühndes Pastor Günter Albrecht der Algermissener Küsterin, Gisela Bartsch, jetzt die Glocke zum ersten Mal zeigte, dauerte es über eine Minute, bis der Nachhall nach einem Schlag mit dem Pendel wieder verstummte. Der Anblick und der Klang der Glocke berührten sie derart, dass sie mit Tränen in den Augen den Glockenturm der Kirche wieder verließ.
Die ersten Aufzeichnungen über die Lühnder Kirche stammen aus dem Jahr 1117. Pastor Albrecht bemerkte, dass bereits in den Jahren um 800 nach Christi in „Lulende“ eine Missionsstation während der Christianisierung errichtet wurde; die „Siedlung an der leise rauschenden Quelle“. Die große, tiefe Glocke aus Gießmannsdorf läutet allein nur bei Trauerfällen. Die mittlere Glocke ruft zum Gebet auf, die kleine Glocke, wenn ein Kind gestorben ist. Alle Glocken zusammen bilden das weithin hörbare Festtagsgeläut.
In diesem Jahr feiert das „Ökumenische Frauen-Frühstück“ das zehnjährige Bestehen. Zu den Gründerinnen im Jahr 2003 zählten neben Gisela Bartsch noch Monika Fiene, Margret Kaevel und Magdalene Busche. Zum Einzugsbereich der regelmäßigen Treffen des „Frauen-Frühstücks“ am letzten Mittwoch im Monat, zu denen auch Männer geladen sind, zählen Gläubige beider Konfessionen aus den Bereichen Algermissen-Groß und Klein Lobke, Lühnde-Ummeln-Wätzum sowie Hotteln-Bledeln-Gödringen. Dabei steht die Ökumene im Vordergrund. Auch allgemeine kirchliche und weltliche Themen werden in gemütlicher Runde bei einem Frühstück beraten und besprochen. Im Durchschnitt kommen zu diesen Treffen zwischen 50 und 60 Personen. Erich Baier kutschiert als „Taxi“ die Unmotorisierten regelmäßig zu den Treffen nach Algermissen, Hotteln oder Lühnde.
Nächstes Treffen des „Ökumenischen Frauen-Frühstücks“ ist am Mittwoch, 27. Februar, in der Zeit von 9 bis 11.30 Uhr, in Hotteln. Am 26. März wird zur gleichen Zeit die Chefin der Hildesheimer Tafel, Annelore Ressel, als Referentin in Lühnde erwartet. Gäste sind jederzeit willkommen. Auskünfte erteilt die Algermissener Küsterin Gisela Bartsch, 0 51 26 / 88 88.