Kegelklub Gut Holz Lühnde stellt nach 60 Jahren den Kegelbetrieb ein

Als Heinrich Bruns und Günter Hentrich 1958 zum ersten Mal die Kegelkugeln in die Vollen warfen gab es noch keine automatischen Kegelbahnen. Das Aufstellen der Kegel auf der Bahn erledigten die Kegeljungen, die sich damit ein paar Groschen verdienen konnten. Heinrich und Günter waren Kegler der ersten Stunde bei Gut Holz Lühnde und sind bis heute aktiv gewesen.
Aber von Anfang an: Zunächst wurde nur gelegentlich gekegelt. 1965 aber entwickelten die jungen Lühnder den sportlichen Ehrgeiz, sich mit anderen Kegelvereinen in der Liga zu messen. Dazu muss man allerdings in einem Verein organisiert sein. Folgerichtig fand am 25. Oktober 1965 die Gründungsversammlung vom „Kegelklub GUT HOLZ seit 1965“ statt. Der Text im Original-Protokollbuch lautet: Heute am 25.10.1965 20:00 Uhr wird beraten über die Gründung eines Kegelklubs zur Pflege der Gemütlichkeit und des Kegelsports. Anwesend waren die Herren Günter Hentrich, Wolfgang Loges, Willi Wittler, Jochen Weigelt, Heinrich Bruns und Jürgen Hentrich. Diese sechs Mitglieder sind als die Gründer des Klubs anzusehen. Sie beschließen, den Klub in den Landessportbund und in den Verband der Kegler eingliedern zu lassen. Als erster Vorsitzender wurde Heinrich Bruns, als zweiter Günter Hentrich gewählt.
Beim Kegeln gegen die vermeintlichen Profis in der Liga gab es natürlich den einen oder anderen Lächler der Konkurrenz. Aber man hat sich wacker geschlagen und sogar den einen oder anderen Achtungserfolg errungen. Nach gut 3 Jahren war der Traum von einer Meisterschaft allerdings ausgeträumt und man besann sich wieder eher auf das gesellige Kegeln.
Wenngleich es nach wie vor einen hohen Anspruch gab. So wurde von Anfang an klubintern die Jahresmeisterschaft ausgetragen – mit teilweise beachtlichen Ergebnissen. Günter Hentrich errang insgesamt 21-mal den Meistertitel – bestes Ergebnis mit 100 Wurf war 773 Holz! Wolfgang Zeugner wurde 8-mal Meister. Heinrich Bruns und Jens Volland standen je 5-mal auf dem Siegertreppchen und Jochen Weigelt 4-mal. Jürgen Hentrich holte 3-mal den Pokal, Werner Szymanski 2-mal und Achim Busch sowie Lutz Hofstetter errangen 1-mal die große Ehre.
Neben der Jahresmeisterschaft mit 100 Wurf wurden aber vereinsintern noch weitere Turniere ausgekegelt. So gab es vier Quartalsmeisterschaften pro Jahr und das so genannte Vier-Bahnen-Turnier. Letztes war besonders bei den Keglern beliebt, weil auf 4 verschiedenen Bahnen im Landkreis gekegelt wurde. Gerne fuhr man nach Jeinsen, nach Groß Förste zu Ernst, zu Ingelmann in Harsum, zu Hähnchen-Heinrich in Wirringen oder in die Domschänke in Algermissen. Hier wurden gleich mehrere Vereinsrekorde aufgestellt. Am 20. Mai 2004 fielen beim Vatertagskegeln 73-mal alle Neune. Günter Hentrich stellt an diesem denkwürdigen Tag einen neuen Bahnrekord mit 86 Holz bei 10 Wurf auf.
Aber auch die Geselligkeit wurde immer großgeschrieben. Es fanden regelmäßig Fahrten zu Ausflugszielen statt. Wolfshagen im Harz und Mespelbrunn im Spessart waren jeweils 3-Tages-Touren oder Brunsbüttel und Harz (Windbeutelessen) besuchte man im Rahmen von Tagesfahrten. Immer wieder war es vor allem Heinrich Bruns, der mit seinen vielen neuen Ideen das Vereinsleben vorantrieb. Auch die Abschlussveranstaltungen nach dem jährlichen Vatertagskegeln bei Bruns, Grefes, Strübers oder Vollands im Garten mit Grillwurst und Zapfgerste konnten über all die Jahre auf dem Geselligkeits-Konto gutschrieben werden.
Bei allem Spaß herrschte natürlich aufgrund strenger Regeln trotzdem eine gewisse Disziplin. Wer mit der Kegelkugel in der Hand von Bahn in den Klubraum kam = 1 Runde. Wer des Kegel-T-Shirt beim auswertigen Kegeltermin nicht trug = 1 Runde. 10 x die gleiche Holzzahl bei 10 Wurf (Lattenzaun) = 1 Runde, Pumpenkegel vergessen mitzubringen = 1 Runde.
Bleiben noch die Kuriositäten.
1. Vatertagskegeln in Wirringen – Der Wirt bringt die erste Runde Bier. Ein Kegler fehlt noch – ah, da kommt er ja. W möchte seine Keglerschuhe anziehen und stellt fest – er hat den Beutel mit den Badesachen seiner Gattin erwischt – während sie (I) nun mit seinen Keglerschuhen am wonnigen Pool hockt. Tja, das war Pech aber gleichzeitig ein willkommener Grund darauf anzustoßen. Ca. 45 Minuten (!) später kommt der Wirt mit der zweiten Runde Bier auf die Bahn mit den Worten: „Soooh, da bin ich schon wieder“, nach 45 Minuten wohlgemerkt.
2. Vatertagskegeln – es gibt Spargel und Schnitzel – G schon etwas ungeschickt mit Messer und Gabel drückt seitlich auf den Tellerrand und Schwupps – liegt der Teller samt Spargel auf dem Boden. In den Folgejahren wurde Gs Teller daher mit zwei Schraubzwingen am Tisch befestigt.
3. Vatertagskegeln in Harsum – Fußmarsch mit Keglerhandwagen nach Algermissen und dann in den Zug nach Harsum – Schwierigkeiten, den Handwagen durch den zu kleinen Einstieg in den Zug zu hieven – 10 Mann mit Biegen und Brechen schaffen es dann doch endlich – Einsteigedauer 8 Minuten – Fahrzeit 5 Minuten – Aussteigedauer in Harsum 12 Minuten.
4. Dorfgemeinschaftsfest Lühnde 2005 – gleichzeitig 40jähriges Jubiläum des Kegelklubs – es wurde ein Festwagen für den Umzug geschmückt und dann – ein Jahrhundertgewitter – Umzug abgesagt – wat nu? – kurzerhand entschieden die Kegler mit Robert Meyer jun. auf dem Trecker den Umzug ganz alleine durchzuführen – mit Quetschkommode und Gesang und großem Einmarsch mit den Perasdorfer Haderlumpen ins Festzelt.
5. Im Jahre 2008 findet eines der Gründungsmitglieder ein uraltes Foto von 1958. Darauf zu sehen sind einige junge Männer vom Kegelklub auf dem Weg zur Kegelbahn – vermutlich nach Wirringen. Kurzerhand wurde entschieden, dass nun 1958 als das Gründungsjahr angesehen wird und so konnte bereits 3 Jahre nach dem 40sten das 50ste Klubjubiläum gefeiert werden.
6. 2002: Die Freiwillige Feuerwehr Lühnde feiert ihr 100jähriges Jubiläum – Dirk Racke hatte die Idee – die Kegler verkleiden sich für den Umzug zu Ehren der Freiwilligen Feuerwehr mit Pickelhaube, Schnauzbart und Sofakissen unterm Keglershirt – eine Riesengaudi.
Eine Kuriosität hat es übrigens in den ganzen 60 Jahren nicht einmal gegeben: Acht ums Vordereck – das heißt: alle Kegel fallen, außer der vordere. In diesem Fall würde das Kegeln sofort abgebrochen und alle Anwesenden werden von dem „Glückskegler“ zu Speis und Trank eingeladen.
Nun sind die Kegler in die Jahre gekommen. Einige Kegelbrüder sind bereits verstorben, andere können aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mitkegeln. In den letzten Jahren haben einige Gattinnen den bis dahin männerdominierten Klub tatkräftig unterstützt. Aber es wurden im Laufe der Zeit eben immer weniger Aktive auf der Bahn. Lieber ein Ende mit Würde, als ein würdeloses Ende haben sich die Kegler daher gesagt und beschlossen, den aktiven Kegelbetrieb ab 2018 einzustellen. Im Rahmen der für diesen Anlass durchgeführten Trauerfeier wurde die Asche des Kegelkönigs – übrigens das Original von der Bahn im Gasthaus Platz – feierlich beigesetzt. Zwei weitere Kegel der Platz‘schen Bahn haben über all die Jahre als Pumpenkegel und als Geldkegel (vergesst den Kegel nicht!) gedient. Letzter hatte übrigens eine Nase, die mit einem Buchendübel von Hansi Büch befestigt wurde – die Nase ist trotz ihrer Länge nicht einmal in den vielen Jahren abgebrochen.
Der Geldkegel hat über das ganze Jahr hinweg brav das Pumpen- und Königsgeld, Einsätze aus verlorenen Kegelspielen und die früher obligatorischen 2 Euro von jedem Kegler gesammelt. Kurz vor dem traditionellen Vatertagskegeln wurde der Geldkegel von Schlüsselmeister Hansi Büch und dem jeweiligen ersten Vorsitzenden geöffnet und der Inhalt gezählt. Der Betrag aus dem Geldkegel bescherte den Keglern dann am Vatertag freien Verzehr, wofür sich die Kegler mit einem dreifachen „Gut Holz“ bedankten.
Die Kegelglocke wurde bei jeder „9“, bei jedem König und bei jedem Lattenzaun geläutet und hat die Kegler über die vielen Jahre zusammen mit dem Pumpenkegel und dem Geldkegel begleitet. Diese drei Utensilien suchen nun einen würdigen Nachfolgeklub. Wer Interesse und lautere Absichten hat, möge sich bei dem Verfasser dieses Artikels melden.
Im Mai fand das offizielle Abkegeln auf der Lühnder Bahn statt – und ab jetzt trifft man sich einige Male im Jahr zum gemütlichen Beisammensein. Dabei wird sicher nicht nur aber auch über vielen schönen Begebenheiten der vergangenen 60 Jahre erzählt.
Jens Volland

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