Kind ist pünktlich, Elterngeld nicht
Familie aus Lühnde wartet seit Monaten auf Unterstützung / Kreis räumt Engpässe ein
(HAZ/hüb). Das Baby ist da, Mama und Papa bleiben zu Hause und kümmern sich um ihren Nachwuchs – doch das Elterngeld lässt seit Monaten auf sich warten. Diese Erfahrung mussten auch Christoph und Mandy Wächter machen. Seit drei Monaten wartet das Paar aus Lühnde nun auf sein Elterngeld. Doch der Antrag hängt in der Warteschleife beim Landkreis Hildesheim. Dieser verweist auf komplizierte Berechnungen, unvollständige Anträge – prüft aber, wie sich die Situation verbessern lässt. Anfang November kam Familie Wächters zweite Tochter Lia zur Welt. Gut zwei Wochen später stellte Papa Christoph Wächter den Antrag beim Landkreis. Guter Dinge, dass die Bewilligung noch vor Weihnachten durch geht. Haben die Eheleute vor Jahren doch gute Erfahrungen mit der Stadt gemacht. Damals wohnten die Wächters noch in Hildesheim. Als Tochter Zoe kam, beschied das Rathaus den Antrag innerhalb von vier Wochen. „Das war total problemlos“, erinnert sich der 29-jährige Familienvater. Doch der jüngste Spross ist jetzt 16 Wochen alt, aber Geld vom Amt haben Wächters immer noch nicht erhalten. Dabei soll das Elterngeld die Familie nach der Geburt des Kindes entlasten.
Christoph Wächter ist von Beruf Feuerwehrmann in Hannover, verbeamtet. Für zwei Monate hat er sich eine Auszeit genommen, um für seine Frau und die Kinder da zu sein. Mit 65 Prozent seines durchschnittlichen monatlichen Nettogehalts wäre die Familie im Januar und Februar gut hingekommen, wie er sagt. „Man muss aber schon genau rechnen.“ Denn die Fixkosten – der Abtrag des Hauses, Gebühren für den Kindergartenplatz – werden weiter vom Konto abgebucht. Mehrmalige Nachfragen beim Landkreis brachten keinen Erfolg. „Die Sachbearbeiterin war immer sehr nett, aber ließ auch durchblicken, dass sie sehr viel zu tun hat.“ Doch Familie Wächter hatte Glück im Unglück. Ein Bausparvertrag wurde fällig. „Wenn wir den nicht gehabt hätten, wären wir längst im Minus.“ Dabei war das Geld ursprünglich für eine Sondertilgung bei der Bank gedacht. Wenn es hart auf hart gekommen wäre, so Christoph Wächter, hätte er noch auf die Unterstützung seiner Schwiegereltern und der Großeltern setzen können. Kein schöner Gedanke für ihn. „Wir sind eine selbstständige Familie, da möchte man nicht um Hilfe bitten.“ Stand heute zeigt das Konto eine satte Null an. Doch es scheint Licht am Ende des Tunnels. Demnächst bezieht Christoph Wächter wieder sein Grundgehalt. „Doch es gibt ja auch andere Familien“, gibt seine Frau Mandy zu bedenken. Jene, die vielleicht nicht von einem Polster zehren können. Kommt dann noch eine außerplanmäßige Ausgabe dazu wie eine Autoreparatur, sehe es düster aus. Kreissprecher Hans Lönneker erklärt die lange Wartezeit zum einen mit einer umfangreichen Änderung der Bearbeitung des Elterngeldes zum 1. Januar 2013. Durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts im vergangenen Sommer habe es zudem eine Um arbeitung beim Elterngeld anlässlich von Mehrlingsgeburten gegeben (jetzt Anspruch je Kind). Zusätzlich seien Stellen unbesetzt geblieben, durch das neu eingeführte Betreuungsgeld habe der Kreis aber auch weiteres Personal einarbeiten müssen. Derzeit bearbeiten dort vier Mitarbeiterinnen auf drei Stellen die Anträge für Eltern- und Betreuungsgeld. Vorgaben vom Bund, wie viele Mitarbeiter im Einsatz sein müssen, gibt es nicht. Um die Bundesleistung Elterngeld auf kommunaler Ebene umzusetzen, bekomme der Landkreis über das Niedersächsische Finanzverteilungsgesetz wirtschaftliche Unterstützung. Die Verwaltung denkt jetzt darüber nach, zusätzliches Personal einzusetzen. Allein im Jahr 2013 erfasste die Behörde 1571 Anträge auf Elterngeld. In der Stadt waren es zur selben Zeit 984 Anträge, verteilt auf zwei Mitarbeiterinnen in Vollzeit. „Im Schnitt dauert die Bearbeitung drei bis vier Wochen“, teilt Stadtsprecher Helge Miethe mit. Nur bei Mehrlingsgeburten gestalte sie sich mitunter etwas schwieriger. „Die Bearbeitungszeiten waren im letzten Quartal weit über die in den Richtlinien vorgesehenen Zeiträume von einem Monat“, räumt hingegen Kreissprecher Lönneker ein. Die größten Probleme bereiteten den Sachbearbeiterinnen die große Zahl nicht richtig oder nicht vollständig ausgefüllter Anträge und fehlender Unterlagen sowie die Vielfalt der Verdienstabrechnungen, aus denen das zu berücksichtigende Einkommen nicht unmittelbar ablesbar sei und erst ermittelt werden müsse. Auch gebe es Anträge, bei denen Antragsteller Einkünfte etwa aus selbstständiger Tätigkeit oder aus mehreren Einkunftsarten haben. Nach Erteilung des Bescheids werde das Elterngeld zum jeweils nächsten Zahltermin ausgezahlt – entweder am 1. oder 15. des Monats. Um Verzögerungen so gering wie möglich zu halten, rät Lönneker, den Elterngeldantrag umgehend nach der Geburt einzureichen – wenn die Geburtsbescheinigung für Elterngeld vom Standesamt vorliegt.