„Hart, klar, kompromisslos“

Bürgerversammlung in Lühnde zu Stromtrasse Südlink:Teilnehmer fordern Transparenz von Tennet

 (HAZ/hüb). Es ist schon der größte Raum in Lühnde und der war trotzdem noch zu klein. Der Festsaal im Gasthaus Platz drohte am Donnerstagabend anlässlich der ersten Bürgerversammlung zur geplanten Stromtrasse Südlink aus allen Nähten zu platzen. Mehr als 200 Menschen zog es zu der Veranstaltung, in der Algermissens Gemeindebürgermeister Wolfgang Moegerle über den aktuellen Stand der Dinge informierte. Vertreter des niederländischen Netzbetreibers Tennet trafen sich am Nachmittag mit 17 Mitgliedern der Verwaltung, der Gemeinde- und Ortsräte zum Gespräch. Der Versammlung am Abend blieben die Verantwortlichen des Netzkonzerns indes fern. „Wir machen derzeit keine öffentlichen Veranstaltungen“, lautete die offizielle Version. Die Aussicht auf 70 Meter hohe Hochspannungsmasten lässt viele Menschen in Lühnde und Bledeln derzeit schlecht schlafen. Denn die geplante 800 Kilometer lange Gleichstromleitung soll zwischen diesen beiden Orten entlanglaufen.

Der Entwurf des Trassenverlaufs liegt seit dem 5. Februar auf dem Tisch. Der 1000 Meter breite Trassenkorridor soll den an der Küste produzierten Windstrom dorthin bringen, wo er gebraucht wird: in den Süden Deutschlands. Daher auch der offizielle Name. Geplante Fertigstellung: 2022. Dann, wenn das letzte Atomkraftwerk in Deutschland abgeschaltet werden soll. Verantwortlich für das Megaprojekt sind die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW. Das niederländische Unternehmen Tennet hatte 2009 von der Eon das 10700 Kilometer lange Hochspannungsnetz in Deutschland gekauft. Die vorgeplante XXL-Trasse verläuft wie das Straßennetz, quasi entlang der Autobahnen, Bundes- und Landstraßen. In der Gemeinde Algermissen entfernt sich der Lauf jedoch von der A 7 und macht einen Schlenker zwischen Bledeln und Lühnde hindurch, ehe er nördlich von Klein Förste in Richtung Westen schwenkt. „Der Versprung macht aus unserer Sicht keinen Sinn“, sagte Moegerle. Mit dem Umspannwerk habe diese Planung jedenfalls nichts zu tun. Er befürchtet massive negative Auswirkungen für die betroffenen Ortschaften, etwa auf die neuen Baugebiete Mühlenberg und Wischhofacker II sowie generell auf das Landschaftsbild. Zudem werde Bledeln durch die neue Trasse nun vollständig eingekesselt. Bedingt durch das Umspannwerk läuft bereits ein Ring von Leitungen um das gut 700 Einwohner starke Dorf herum. Dabei gebe es in der Frage der Trassenführung durchaus Alternativen, sagte Moegerle. Doch Tennet gebe andere Varianten derzeit nicht bekannt. Fehlende Transparenz kreidet der Bürgermeister daher den Holländern an. Obwohl das Gespräch vergleichsweise gut lief. Doch: „In manchen Bereichen wird nicht methodisch sauber gearbeitet.“ Die Vorzugstrasse bis ins Detail auszuarbeiten, aber Auswahlmöglichkeiten nur anzureißen, sei keine Art. Denn nur wer Einblicke in alle Unterlagen habe, könne konstruktiv und sauber argumentieren. Auch wenn letztlich die Entscheidung über den Verlauf der Trasse bei der Bundesnetzagentur liege, riet Moegerle dazu, Druck zu machen. Druck, dass alle Varianten gleich ausgearbeitet werden. „Tennet geht den Weg des geringsten Widerstandes, umso wichtiger ist es, klar und energisch aufzutreten.“ Unterstützung erhielt Moegerle von der Bürgerbewegung Bledeln. „Die Stromtrasse macht uns Angst“, brachte es deren kommissarischer Sprecher Oliver Franke auf den Punkt. Denn zu den gesundheitlichen Gefahren der elektromagnetischen Felder könnten gegenwärtig keine Aussagen gemacht werden. Bei den Gleichstromtrassen handele es sich um eine neue Technik, die es in Deutschland bislang nicht gegeben habe. Daher existierten keine Erfahrungswerte. „Nach aktuellem Wissensstand drohen keine Gefahren“, versicherte indes Südlink-Sprecher Thomas Wagner kürzlich. „Wir bleiben unter den Grenzwerten der Bundesimmissionsschutzverordnung.“ Die Obergrenze liegt laut Gesetz bei 100 Mikrotesla, das natürliche Magnetfeld belaufe sich auf 50. „Gemeinsam etwas tun“, lautete letztlich die Devise des Abends. „Wir haben die Chance, den scheußlichen Bogen rauszu-kriegen“,ermutigte Zuhörer Dr. Wolf Behrndt, der um das Wort bat. „Hart, klar, kompromisslos.“ Aber nicht nach dem Sankt-Florian-Prinzip: Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ and‘re an! Wer die Energiewende wolle, müsse konstruktiv mit der Situation umgehen. Und ging so mit dem Landtagsabgeordneten Markus Brinkmann (SPD) konform: „Die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif.“ Stichwort Wutbürger. Mit der Einstellung „Wir sind gegen alles“ bewege sich nichts. Moegerle sagte zu, dass es künftig eine Plattform geben werde, auf der alle aktuellen Nachrichten zu Südlink gebündelt würden. „Wir haben selbst noch unglaublich viele Fragen.“ Die Bürgerinitiative Bledeln trifft sich wieder am Freitag, 7. März, 19 Uhr, im Klugschen Saal, Breite Straße 16 in Bledeln. Ein Vertreter der Bürgerinitiative Wahle-Mecklar wird über deren Arbeit und Erfahrungen referieren.

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